Was unternimmt die Landesregierung, um die Folgen des Niedrigwassers für die Industrie abzumildern?
Die Pegelstände des Rheins haben aktuell die historisch niedrigsten Stände von 2018 erreicht oder bereits unterschritten. Dieses schränkt die Binnenschifffahrt auf dem Rhein und den Kanälen erheblich ein. Die Schiffe können weniger als 1/3 der Mengen mitnehmen, die sie ansonsten laden. Um die gleiche Menge zu transportieren sind drei bis, in einigen Fällen, fünf Mal so viele Schiffe erforderlich.
Dieses ist für die von der Binnenschifffahrt abhängige Industrie in Nordrhein-Westfalen ein großes Problem. Das Niedrigwasser trifft die Betriebe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Bedingt durch die weltweit gestörten Lieferketten und den Aufbau von Lagerkapazitäten zur Sicherung der Produktionsprozesse sind die Frachtkapazitäten bei Straße, Schiene und Wasserweg ohnehin stark eingeschränkt. Frachtraum ist außerordentlich knapp bzw. nicht mehr am Markt zu bekommen, gleichzeitig schießen die Transportpreise durch die Decke.
Verschärfend kommt eine erhöhte Nachfrage nach Energieträgern wie Kohle hinzu durch die die Kapazitäten bei der Bahn und besonders bei der Binnenschifffahrt weiter reduziert werden. In dieser Situation sind die Auswirkungen des Niedrigwassers für einige Industriebetriebe existenzgefährdend, Engpässe bei der Versorgung mit Rohstoffen und in der Folge die Drosselung oder im schlimmsten Fall die Stilllegung der Produktion können die Folge sein.
Zur Einordnung: Im Sommer 2018 wurden die historischen Tiefstände des Rheins erst Ende Oktober erreicht. In 2022 lagen die Pegel an über 80 Prozent der Tage bereits unter den Pegelständen von 2018. Bis Ende Oktober und damit bis zu dem Zeitpunkt, wo wieder mehr Niederschlag zu erwarten ist, sind es noch über zwei Monate. Es ist also anzunehmen, dass sich die Situation weiter verschärft. Für die chemische Industrie, für Kraftwerke, für die Mineralölwirtschaft, für die Stahlindustrie und den Containertransport ist die Funktionsfähigkeit der Wasserstraße ein entscheidender Standortfaktor.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Welche Informationen liegen der Landesregierung darüber vor, ob, wann und wo Industrieanlagen aufgrund der Wasserstände heruntergefahren werden müssen oder mussten, bzw. ob Stilllegungen von Anlagen oder Anlagenteilen drohen?
- Verfügt die Bahn über Transportkapazitäten, die für die Industriebetriebe in NRW kurzfristig bereitgestellt werden können? (Falls ja, bitte die Größenordnung angeben.)
- Wie viele Arbeitsplätze sind nach Kenntnis der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen direkt und indirekt von den Gütertransporten auf den Wasserstraßen abhängig? (Bitte den zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Schaden darstellen.)
- Wie will die Landesregierung die in ihrer Wettbewerbsfähigkeit durch zunehmende Niedrig- und Hochwasserereignisse bedrohten Standorte und Arbeitsplätze sichern und somit verhindern, dass an wasserstraßenaffinen Standorten in Nordrhein-Westfalen Investitionen reduziert werden bzw. unterbleiben? (Bitte kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen darstellen.)
- Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung die Wasserwege so zu ertüchtigten, dass diese größtmöglich ganzjährig befahrbar sind? (z.B. Räumen oder Abschleifen von Felsen, Herausnahme von Sanden, Vertiefungen der Fahrrinne)
Christof Rasche
Dietmar Brockes