Zukunft der frühkindlichen Bildung in NRW: Schwarz-Grün gefährdet Beitragsfreiheit, Qualität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Landesregierung von CDU und GRÜNEN plant tiefgreifende Eingriffe in die nordrhein-westfälische Kita-Landschaft. Nach Medienberichten über ein bislang geheim gehaltenes Eckpunktepapier zur Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) sollen zentrale Grundsätze der frühkindlichen Bildung in Nordrhein-Westfalen zur Disposition gestellt werden. Geplant sei nicht nur die Abschaffung der grundsätzlichen Beitragsfreiheit in den letzten beiden Kita-Jahren, sondern auch eine grundlegende Umsteuerung bei Betreuungszeiten und Personaleinsatz. Während das Familienministerium zunächst gegenüber Medien Kenntnis über dieses Eckpunktepapier bestritt, berichteten weitere Medien unter Berufung auf „Landtagskreise“, es handele sich lediglich um einen ersten Entwurf. Später distanzierte sich ein Sprecher des Familienministeriums von der Eckpunktevereinbarung. Offenbar sollte jedoch auf dieser Basis eine Verständigung mit den Kommunalen Spitzenverbänden und den freien und kirchlichen Trägern erzielt werden.

Familien, die bislang auf Entlastung vertrauen konnten, würden bei einer Umsetzung mit erheblichen finanziellen Mehrbelastungen konfrontiert. Noch schwerer wiegt, dass diese Zusatzkosten in vielen Fällen dazu führen könnten, dass Eltern – häufig Mütter – ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, weil sich Vollzeitbeschäftigung für die Familie nicht mehr realisieren lässt. Damit würde die Reform die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erheblich erschweren und die Gleichstellung zurückwerfen. 

Hinzu käme eine angedachte qualitative Verschlechterung der Bildungs- und Betreuungsangebote. Das geplante Modell von „Kern- und Randzeiten“ sieht vor, dass pädagogische Fachkräfte künftig vor allem in den Kernzeiten eingesetzt werden, während die Randzeiten überwiegend von Ergänzungskräften abgedeckt würden. Damit droht eine Abkehr vom Fachkräftegebot, die langfristig die pädagogische Qualität mindert und die Bildungs- und Förderchancen der Kinder schwächt. Weniger qualifiziertes Personal senkt die Attraktivität des Berufs, verstärkt den bestehenden Fachkräftemangel und setzt das System der frühkindlichen Bildung weiter unter Druck.

Dies wäre dies nicht nur ein familienpolitischer Rückschritt, sondern auch ein bildungspolitisches Risiko. Frühkindliche Bildung entscheidet maßgeblich über den weiteren Bildungsweg eines Kindes. Wer hier Qualität abbaut, riskiert, dass gerade die Kinder, die auf Förderung besonders angewiesen sind, ins Hintertreffen geraten. Die Landesregierung gefährdet damit nicht nur die Chancengerechtigkeit, sondern belastet auch die wirtschaftliche Zukunft Nordrhein-Westfalens, indem Eltern – insbesondere Alleinerziehende – durch zusätzliche Gebühren und geringere Betreuungszeiten aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden.

Besonders problematisch ist darüber hinaus die fehlende Transparenz. Der Landtag wurde über die Inhalte des Eckpunktepapiers bislang nicht informiert, während parallel bereits Gespräche und Verhandlungen mit Verbänden und Trägern geführt werden. Angesichts der nun bekannt gewordenen Pläne steht die Glaubwürdigkeit der Landesregierung auf dem Spiel. Bereits Anfang 2024 hatte Staatssekretär Bahr eine Veränderung des Kita-Systems ins Gespräch gebracht – und zwar mit eben Inhalten, die laut Medienberichterstattung sich nun offenbar auch in dem Eckpunktpapier finden lassen.4 Seit diesem Zeitpunkt wurde im parlamentarischen Raum mehrfach angefragt, ob man dieses Vorhaben nun forcieren oder konkretisieren würde. Beispielsweise haben in der Sitzung des Familienausschusses am 28.11.2024 Ministerin Paul wie auch Staatssekretär Bahr auf Nachfrage eine Reduktion des Betreuungsumfanges und der Beitragsfreiheit auf eine Kernbetreuungszeit von 35 Stunden verneint und in Abrede gestellt, dass die Landesregierung Änderungen dieser Art als Bestandteil einer KiBiz-Novellierung vorsieht.5

Vor diesem Hintergrund muss sich der Landtag Nordrhein-Westfalen in einer Aktuellen Stunde mit den geplanten Veränderungen auseinandersetzen. Die frühkindliche Bildung ist eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben unseres Landes. Sie darf nicht durch intransparente Absprachen, Qualitätsabbau und zusätzliche Belastungen der Familien gefährdet werden. Die Landesregierung ist verpflichtet, in aller Offenheit darzulegen, ob sie tatsächlich die Beitragsfreiheit in den Kitas angreift und zugleich die Qualität der frühkindlichen Bildung absenken will. Eltern, Träger und vor allem Kinder verdienen endlich Planungssicherheit und Klarheit.