Zum Schutz von Opfern, Tätern und Bevölkerung Untätigkeit der Landesregierung beenden: NRW benötigt jetzt gesetzliche Regelungen zu Resozialisierung und Opferschutz!
I. Ausgangslage
In Nordrhein-Westfalen gibt es weiter keine gesetzlichen Regelungen zu Resozialisierung und Opferschutz. Es bestehen lediglich Resozialisierungsrichtlinien, die im Jahr 2012 entwickelt wurden und entsprechend auch keine aktuelleren Entwicklungen berücksichtigen können.
Bereits am 29.03.2023 wurde von der FDP-Fraktion der Antrag „Besserer Schutz vor gewalttätigen Wiederholungstätern. Einführung eines Resozialisierungsgesetzes auch in Nordrhein-Westfalen!“ ins Plenum eingebracht. In der Debatte wurde von den regierungstragenden Fraktionen kritisiert, dass der Opferschutz nicht integriert sei. Der Antrag ginge zudem nicht weit genug, bei dem Thema würden sich Schnellschüsse verbieten, Gründlichkeit ginge zudem vor Schnelligkeit.
In der zugehörigen Anhörung des Rechtsausschusses am 27.09.2023 haben sich alle Sachverständigen für ein Gesetz ausgesprochen, mit dem eine Kombination von Opferschutz und Resozialisierung mit Übergangsmanagement geschaffen wird. Alles, was zur Integration von Straftätern beiträgt, sei auch ein Beitrag zum Opferschutz. Gerade auch im Bereich der freien Straffälligenhilfe müsse nachgebessert werden.
Auch wenn der Antrag in der Sitzung des Rechtsausschusses am 06.12.2023 abgelehnt wurde, wurde selbst von den regierungstragenden Fraktionen bestätigt, dass sich in der Anhörung alle Sachverständigen für ein solches Gesetz ausgesprochen hätten. Ein solches Gesetz sei auch Bestandteil des schwarz-grünen Koalitionsvertrags. Man erkenne die positiven Aspekte an, die dann sicherlich im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens mit auf den Weg gebracht werden könnten.
Allerdings: Das angekündigte Gesetzesverfahren ist bis heute nicht auf den Weg gebracht worden. Stattdessen herrscht erneut Stillstand. Es gibt diverse Gestaltungsmöglichkeiten, über die im Detail diskutiert werden kann. Wichtig ist jedoch, dass sich etwas bewegt. Seit 2023 ist dies allerdings nicht geschehen. Im Gegenteil, wäre ohne Protest der Opposition und der Öffentlichkeit sogar die freie Straffälligenhilfe in Form des Streichens des Täter-Opfer-Ausgleichs im Jahr 2025 durch die Regierung erheblich geschwächt worden.
Psychisch kranke Gefangene im allgemeinen Strafvollzug stellen keinen Einzelfall dar. Nur wenn jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat, kann von dem Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Maßregelvollzug) angeordnet werden. Alle anderen Täter kommen im Falle freiheitsentziehender Maßnahmen in den allgemeinen Strafvollzug. Auf Frage nach dem Anteil der als behandlungsbedürftig eingestuften psychisch kranken Gefangenen im Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen wurde von dem Justizminister mitgeteilt, dass knapp 30 % (exakt 28,72%) der in Nordrhein-Westfalen Inhaftierten als behandlungsbedürftig eingestufte psychisch kranke Gefangene sind. Das sind von derzeit 14.062 Gefangenen also 4.062.
Der Antrag der FDP-Fraktion „Besserer Schutz vor gewalttätigen Wiederholungstätern. Einführung eines Resozialisierungsgesetzes auch in Nordrhein-Westfalen!“ aus 2023 war auch dahingehend kritisiert worden, dass als Beispiele für psychisch Kranke im Strafvollzug auch gewalttätige männliche Asylbewerber angeführt worden seien. Die Ereignisse in den vergangenen beiden Jahren haben aber gezeigt, dass die Einschätzungen zu der Tätergruppe „junge traumatisierte Männer aus Kriegsgebieten“ nicht unbegründet waren. Aktueller Anlass des Antrags aus 2023 war damals ein Messerangriff in einer Regionalbahn auf zwei Jugendliche. Am 25.01.2025 kam es in Aschaffenburg erneut zu einer tödlichen Messerattacke eines psychisch kranken 28-jährigen ausreisepflichtigen Flüchtlings aus Afghanistan, der 2022 nach Deutschland eingereist und Anfang des Jahres 2023 einen Asylantrag gestellt hatte. Dieser war bereits in der Vergangenheit durch Gewalttaten auffällig geworden und befand sich in psychiatrischer Behandlung. Bei der Tat handelte es sich nach derzeitiger Erkenntnislage nicht um eine Terrortat, sondern ein schreckliches Gewaltverbrechen eines psychisch kranken Mannes, der bereits straffällig geworden war und der bereits seit dem 09.12.2024 unter Betreuung stand.
Dieser schreckliche Vorfall zeigt einmal mehr: Es muss endlich verbindliche Vorschriften geben, um die Bevölkerung vor bereits mehrfach straffällig gewordenen, gewaltbereiten Tätern, auch traumatisierten Kriegsflüchtlingen, zu schützen.
Die o.g. Sachverständigenanhörung von 2023 hat zu den diesbezüglich bestehenden Fragen Antworten geliefert. Durch Schaffung verbindlicher Strukturen für die Zusammenarbeit zwischen den am Übergangsprozess beteiligten Institutionen, Organisationen und Personen können Verantwortlichkeiten geklärt und Prozesse vereinheitlicht werden. Durch Abstimmung der Zuständigkeiten zwischen Vollzug, Sozial- und Arbeitsmarktakteuren, Bewährungshilfe und freier Straffälligenhilfe werden riskante Lücken in der Betreuung und Überwachung vermieden. Alle beteiligten Akteure müssen stärker und bereichsübergreifend zusammenarbeiten.
Die Schaffung und Ausbau von landesweiten Netzwerkstrukturen sowie die Implementierung des Übergangsmanagements in diese Strukturen sind dabei unerlässlich. Die Betreuung darf nicht mit der Entlassung enden. Eine Person, die ohne gültigen Personalausweis, ohne Krankenversicherung, ohne Arbeit und Einkommen und ohne Wohnung mit einer Fahrkarte zur nächsten Obdachlosenunterkunft unterwegs ist, ist die Ausprägung eines gescheiterten Übergangsmanagements. Es bedarf Regelungen zu Maßnahmen und Programmen, die die äußeren Bedingungen für die soziale Wiedereingliederung schaffen. Dazu gehören Unterstützung bei der Arbeits- und Wohnplatzvermittlung, Bildungsmöglichkeiten sowie Unterstützung bei der Schaffung sozialer Netzwerke.
Nicht nur bei der Entlassung aus psychiatrischen Kliniken des Maßregelvollzugs, sondern auch aus Justizvollzugsanstalten muss sichergestellt werden, dass keine Gefahr mehr von der Person für die Allgemeinheit ausgeht. Wir brauchen verbindliche gesetzliche Regelungen zu Resozialisierung und Opferschutz, die zum einen Unterstützung und psychologische Betreuung vor Haftentlassung, zum anderen aber auch ein besseres Übergangsmanagement und Betreuung auch nach Haftentlassung beinhalten.
II. Beschlussfassung
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
aufbauend auf den Vorschlägen der Sachverständigen aus der Anhörung vom 27.09.2023 ein Gesetz zu erarbeiten, das die Aspekte der Resozialisierung mit Übergangsmanagement und des Opferschutzes umfassend berücksichtigt, um zum einen eine bessere Perspektive nach der Entlassung zu ermöglichen und zum anderen die Gesellschaft besser vor gewalttätigen Wiederholungstätern zu schützen; dies gilt auch und gerade für traumatisierte Kriegsflüchtlinge.