Zweites Änderungsgesetz zum Kinderbildungsgesetz
A Problem
Bereits seit geraumer Zeit stehen die Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen unter großem finanziellem Druck. Ursachen dafür sind unter anderem die Preissteigerungen bei den Energiekosten und die zuletzt historisch hohe Inflationsrate in Deutschland. Hinzu kommt der Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst, der eine durchschnittliche Tariferhöhung von 11,5 Prozent und eine auf acht Monate aufgeteilte steuer- und abgabenfreie Zahlung von 220 Euro in Höhe von dann insgesamt 3.000 Euro vorsieht.
Es ist zu befürchten, dass dieser Umstand bei bis zu 30 Prozent der Träger zu existenzbedrohenden finanziellen bzw. Liquiditätsengpässen führt. Interessenverbände der Einrichtungen geben einen zusätzlichen Finanzbedarf von bis zu 500 Millionen Euro für ganz Nordrhein-Westfalen an.
Das Ergebnis dieser Finanzierungslücke sind Tausende Einrichtungen, die einzelne Betreuungsgruppen beziehungsweise die Einrichtung teilweise oder auch ganz schließen müssen.
Das „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz) - Sechstes Gesetz zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch“ ist die Struktur- und Finanzierungsgrundlage der Tageseinrichtungen für Kinder. Es ist festzustellen, dass das Kinderbildungsgesetz in der Art und Weise wie es im Moment existiert, nicht auf Krisen vorbereitet ist, die durch massive Preissteigerungen verursacht sind.
Die angepassten Kindpauschalen stehen zum Beginn eines jeden neuen Kita-Jahres (01. August) zur Verfügung. Somit greifen die Anpassungen verspätet. Es ist auch festzustellen, dass in der aktuellen Lage die angepassten Pauschalen nicht ausreichend sind. Bei den Empfängern kommt es daher teilweise zu massiven Finanzierungslücken.
B Lösung
Im Kinderbildungsgesetz wird die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, die angepassten Kindpauschalen bereits zu Beginn eines Haushaltsjahres zur Verfügung zu stellen und nicht wie heute erst zum 01. August des Folgejahres. Diese Möglichkeit wird durch die Einfügung einer neuen Norm in § 37 geschaffen. Dem Landtag wird durch diese Ergänzung ermöglicht, den Kita-Trägern bereits zu Beginn des Haushaltsjahres erhöhte Kindpauschalen zur Verfügung zu stellen und so Finanzierungslücken bei den Trägern zu vermeiden.
C Alternativen
Keine.
D Kosten
Entsprechend der Kinderbildungsgesetz vorgesehenen dynamischen Fortschreibungsrate und der daraus resultierenden Anpassungen der Kindpauschalen ergeben sich zusätzliche Kosten in Höhe der angepassten Kindpauschalen im jeweiligen Haushaltsjahr.
E Zuständigkeit
Zuständig ist das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKJFGFI NRW).
F Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände
Keine.
G Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte
Keine.
H Befristung
Eine Befristung wird nicht vorgenommen.
G e g e n ü b e r s t e l l u n g - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP und Auszug aus den geltenden Gesetzesbestimmungen (im beigefügten pdf-Format abrufbar)
Begründung
Vor der Reform des Kinderbildungsgesetzes, die am 1. August 2020 in Kraft trat, erfolgte die jährliche Erhöhung der Kindpauschalen um einen festen Satz von 1,5 Prozent. Allerdings stellte sich dieses Finanzierungssystem als problematisch heraus, da die realen Kostensteigerungen in Kindertageseinrichtungen oft höher waren als die Anpassungen der Kindpauschalen. Zudem wurden die tatsächlichen Entwicklungen in den Personalkosten und den Sachkosten nicht ausreichend berücksichtigt.
Die Einführung der dynamischen Fortschreibungsrate durch die gesetzliche Regelung des § 37 im Kinderbildungsgesetz hat dieses Problem gelöst. Gemäß dieser Regelung werden die Kindpauschalen nun jährlich entsprechend den tatsächlichen Kostenentwicklungen angepasst. Dies hat zu einem stabilen und nachhaltigen Finanzierungssystem geführt, das den Bedarf der Kindertageseinrichtungen besser widerspiegelt.
Darüber hinaus werden durch die 2020 eingeführte Fortschreibungsrate auch die Zuschüsse für Einrichtungen, die als Familienzentren, plusKITAs oder Einrichtungen mit zusätzlichem Sprachförderbedarf arbeiten, sowie die Zahlungen an die Jugendämter für Kindertagespflege, dynamisiert. In der Vergangenheit blieben diese Zuschüsse oft über längere Zeiträume hinweg unverändert, was zu Ungleichgewichten in der Finanzierung führte. Die dynamische Anpassung stellt sicher, dass diese Einrichtungen angemessen unterstützt werden und ihre wichtige Arbeit fortgesetzt werden kann.
In der aktuellen Situation einer krisengezeichneten Zeit hat sich gezeigt, dass das derzeitige Kinderbildungsgesetz nicht angemessen auf solche Krisen reagieren kann, die massive Preiserhöhungen und andere kostensteigernde Faktoren verursachen. Die im Kinderbildungsgesetz festgelegte dynamische Anpassungsrate der Kindpauschalen, die die tatsächlichen Kostenentwicklungen berücksichtigen soll, wird zum Ende eines Jahres für das kommende Jahr aktualisiert und steht zum jeweiligen neuen Kita-Jahr (01. August) zur Verfügung. Dies bedeutet, dass die Anpassung zeitverzögert erfolgt. In Zeiten wie der gegenwärtigen, in denen die
Kosten und Preise sprunghaft oder rapide steigen, erweisen sich die aktualisierten Pauschalen als unzureichend und kommen zu spät, um ein stabiles Finanzierungssystem zu gewährleisten. Dies führt bei den Empfängern zu erheblichen finanziellen Engpässen.
Das geänderte Kinderbildungsgesetz bietet die Möglichkeit, die aktualisierten Kindpauschalen bereits zu Beginn eines Haushaltsjahres zur Verfügung zu stellen. Diese Option wird durch eine Ergänzung des § 37 geschaffen und kann durch einen Beschluss des Landtags in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus stellt der Landtag von Nordrhein-Westfalen als Haushaltsgesetzgeber die erforderlichen zusätzlichen Mittel bereit. Dies ermöglicht eine flexiblere und rechtzeitige Anpassung der Finanzierung an die aktuellen Anforderungen, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen.