„Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018“

Die Fraktion der FDP beantragt, den Entwurf der Landesregierung „Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018“ (LT-Drucksache 18/4593) wie folgt zu ändern:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

  1. Der Änderungsbefehl 1 Buchstabe f wird gestrichen.
  2. Im Änderungsbefehl 2 Buchstabe b wird der Buchstabe cc gestrichen.
  3. Der Änderungsbefehl 19 wird gestrichen. Die Änderungsbefehle 20 bis 57 werden zu 19 und 56.
  4. Im Änderungsbefehl 36 wird Absatz 4a Satz 4 wie folgt gefasst:

    „Auf Antrag ist in das Verzeichnis nach Satz 1 einzutragen, wer eine nachfolgende praktische Tätigkeit in dem betreffenden Gewerk von mindestens fünf Jahren ausgeübt hat.“
     
  5. Im Änderungsbefehl 40 wird ein Buchstabe d eingeführt: Dem Absatz 6 Satz 2 wird folgender Wortlaut angeführt:

    „Äußert sich die Bauaufsichtsbehörde nach Ablauf der Frist nicht, gilt der Antrag als angenommen.“
     
  6. Der Änderungsbefehl 56 wird gestrichen.


Begründung

Zu 1: Inhaltsverzeichnis

Redaktionell.

Zu 2: Regale und Regalkonstruktionen

Der formulierte Ausschluss des Anwendungsbereichs von Regalen und Regalanlagen soll, auch nach der Gesetzesbegründung, lediglich der Klarstellung dienen, da auf Regale und Regalanlagen in Gebäuden das Bauordnungsrecht grundsätzlich keine Anwendung findet, weil es sich nicht um bauliche Anlagen, sondern um Einrichtungsgegenstände handelt. Daher werden an solche Regale keine Anforderungen gestellt.

Die Aufnahme des Begriffes der „Erschließungsfunktion“ in den Gesetzesentwurf der Landesregierung samt der dazu entsprechenden Gesetzesbegründung stellt eine inhaltlich abweichende Neuinterpretation des Begriffes dar, der seit 2013 durch die zuständige Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU bundeseinheitlich definiert und interpretiert wird. Nach der Begründung des Gesetzestextes, haben Regale nunmehr auch dann eine „Erschließungsfunktion", wenn einzelne Regalebenen nicht mehr vom Boden aus bedient werden (können). Das bedeutet, dass die neue Regelung nunmehr bestimmte Regale und Regalanlagen in den Anwendungsbereich der BauO NRW einbezieht und den Anwendungsbereich tatsächlich nicht nur klarstellt, sondern rechtlich erweitert. Zudem weicht NRW damit von der bis 2021 geltenden Interpretation der MBO und der BauO in anderen Ländern ab.

Nach der beabsichtigten Regelung wären von der Neuinterpretation alle Regale und Regalanlagen unabhängig von ihrer Größe oder Höhe betroffen, die sich nicht nur vom Boden aus bedienen lassen, sondern auch mittels einer Leiter oder Treppe bedienen bzw. beschicken werden müssen. Das sind in der Regel kleinere Regale mit Bediengängen und mit einer zweiten Ebene, wie sie im Handel und im Gewerbe vielfach verwendet werden. Die Frage, wie oft diese Regale „betreten" werden, spielt keine Rolle.

Die Auswirkungen der Neuregelung in der Praxis könnten erheblich sein. Denn die betreffenden Regale müssen nunmehr alle einschlägigen Anforderungen des Bauordnungsrechts, insbesondere des Brandschutzes, erfüllen. Das bedeutet, dass für das verwendete Regalmaterial Feuerwiderstandsnachweise erbracht werden müssen. Die fraglichen Regale bestehen in der Regel aber aus Stahlprofilen, für die kein Feuerwiderstandsnachweis erbracht werden kann. Daher ist die Errichtung solcher Regale de facto allenfalls dann noch möglich, wenn im Einzelfall Ausgleichsmöglichkeiten, insbesondere in Form von Sprinkleranlagen, zugelassen wer-
den. Das erfordert die Durchführung eines bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens bzw. die Beantragung einer Abweichung. Ausgleichsmöglichkeiten sind in solchen Fällen insbesondere die Installation von Sprinkler- und/ oder Brandmeldeanlagen. Für Hallenbauten und größere Lagerflächen ist dies in der Regel kein größeres Problem, müssen diese auf Grund ihrer Größe meist ohnehin mit entsprechenden Brandmelde- und Sprinkleranlagen ausgerüstet werden. Das gilt auch für Sonderbauten, für die ein Baugenehmigungsverfahren zwingend vorgesehen ist.

Für den Handel und sonstige Gewerbeflächen gilt dies vielfach jedoch nicht. Die neue Interpretation des Begriffs der „Erschießungsfunktion" führt damit in den Fällen, in denen ein Regal - unabhängig von seiner Grundfläche - über eine zusätzliche begehbare Laufebene über dem Fußboden verfügt, dazu, dass die Verwendung von Stahl nicht mehr zulässig ist, die tragenden Teile aufwendig ummantelt werden müssten oder - wenn die Bauaufsicht dies im Einzelfall zulässt - eine zusätzliche Sprinkleranlage installiert werden muss. Dies führt in der Regel zu völlig unwirtschaftlichen Ergebnissen, was einem Verbot dieser Regalanlagen im Bereich des
kleineren Gewerbes und des Handels gleichkommt. Denn der Aufwand für eine Ertüchtigung dieser Regale dürfte deren Wert erheblich übersteigen. Betroffen sind vor allem kleinere Betriebe, die nur eine oder zwei kleine Regalanlagen benötigen, diese jedoch platzsparend mit einer zusätzlichen Ebene ausrüsten wollen.

Da die fragliche Änderung in der Begründung als „Klarstellung" bezeichnet wird, führt dies zusätzlich zu einer faktischen Rückwirkung. Denn „Klarstellung" bedeutet nichts anderes, als dass diese Rechtslage nach Ansicht des Gesetzgebers schon immer gegolten hat. Damit würde eine Vielzahl von bereits errichteten Regalanlagen schon nach bisheriger und aktueller Rechtslage nicht den bauaufsichtlichen Anforderungen der Landesbauordnung NRW entsprechen. Da für diese Regalanlagen in der Vergangenheit - im Vertrauen auf die Aussagen der ARGEBAU und entsprechenden gesetzlichen Regelungen in anderen Bundesländern - weder von den Betrieben noch den Errichtern Baugenehmigungen beantragt und von den Bauaufsichtsbehörden auch nicht verlangt wurden, kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht. Daher müssten diese Regalanlagen grundsätzlich zurückgebaut oder nachträglich nachgerüstet werden.

Aus vorgenannten Gründen ist der Passus deshalb zu streichen.

Zu Änderungsanweisung 3: Solardach-Zwang

Der Gesetzesentwurf sieht die schrittweise Einführung einer Solardachpflicht für neu zu errichtende Wohn- und Nicht-Wohngebäude vor.

Erneuerbare Energien sind zunehmend ein wichtiger Beitrag für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung. Als Innovations- und Industrieland ist unser Energiebedarf besonders hoch. Wir setzen daher auf ein breites Angebot –aus Sonne, Geothermie, Biogas, Wind und vielem mehr. Deshalb ist es wichtig, Barrieren für die Installation von Photovoltaik-Anlagen zu beseitigen.

In den letzten zwei Jahren sind die Strompreise deutlich gestiegenen. Dadurch sind Solaranlagen deutlich rentabler geworden. Beim Neubau von Wohn- und Nicht-Wohngebäuden sind deshalb Solaranlagen auf Dachflächen der Regelfall, ohne eine gesetzliche Verpflichtung, sondern weil es sich rechnet. Allerdings gibt es auch Bauprojekte, in denen eine Solaranlage auf Dachflächen aus unterschiedlichen Gründen (z.B. Schattenlage) nicht wirtschaftlich darstellbar ist. Eine gesetzliche Pflicht führt in diesen Fällen entweder zur massiven Verteuerung eines Bauvorhabens oder dazu, dass Bauherren mit erheblichem bürokratischem und zeitlichem
Aufwand eine Ausnahme bei der zuständigen Baubehörde erwirken müssen.

Mit der vorgesehenen Solardachpflicht entstehen darüber hinaus Zielkonflikte mit dem Mobilfunkausbau. Ein flächendeckenden Solardachzwang könnte zu einem Mangel an Standflächen für Mobilfunkmasten führen. Dieser Zielkonflikt muss unbedingt vermieden werden.

Der vorliegende Gesetzesentwurf verfolgt aus nachvollziehbaren Gründen das Ziel, die Erneuerbaren Energien auszubauen. Ebenso sind allerdings schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine Begrenzung der Baukosten wichtig, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Durch den vorliegenden Änderungsantrag werden diese Ziele durch den Verzicht auf eine Solardachpflicht in ein wirtschaftlich vernünftiges Verhältnis gesetzt und mögliche Zielkonflikte mit dem Mobilfunkausbau vermieden.

Zu Änderungsanweisung 4: Handwerker bauen Häuser – brauchen aber Berufserfahrung

Der vorliegende Gesetzesentwurf regelt, dass auch Meisterinnen und Meister unter bestimmten Voraussetzungen Häuser der Gebäudeklassen 1 und 2 selber planen und bauen dürfen (Bauvorlageberechtigung). Die Anhörung des Ausschusses für Bauen, Wohnung und Digitalisierung vom 17. August 2023
hat jedoch einige Schwachstellen bei den Voraussetzungen offengelegt. Der Gesetzentwurf kann nicht gewährleisten, dass die Anforderungen des Baugesetzbuches umfassend eingehalten werden.

Der vorliegende Änderungsantrag konkretisiert, dass für eine Bauvorlageberechtigung neben dem Meisterbrief eine fünfjährige nachfolgende praktische Tätigkeit in dem betreffenden Gewerk vorausgesetzt wird. Diese Klarstellung ist sowohl aus inhaltlichen Gründen als auch im Hinblick auf faire Gleichbehandlung mit Architektinnen und Architekten angemessen.

Aus Gründen des Verbraucherschutzes ist es wichtig, dass mit der Erweiterung der Bauvorlageberechtigung die Handwerksmeisterinnen und -meister ebenfalls den Fortbildungs- und Haftpflichtversicherungsvorgaben der Architekten und Bauingenieure gleichstehen. Diese Aspekte müssen so bald wie möglich in das Baukammergesetz aufgenommen werden.

Zu Änderungsanweisung 5: Automatische Baugenehmigung nach Fristende

Bauanträge müssen durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde insgesamt schneller genehmigt werden. § 71 regelt die Fristen, die Bauherren und Bauaufsichtsbehörden für die Prüfung berücksichtigen müssen.

Sind alle Dokumente eingegangen, muss die Bauaufsichtsbehörde innerhalb von drei Monaten entscheiden. Der vorliegende Änderungsantrag führt eine so genannte „Genehmigungsfiktion“ ein: Äußert sich die Bauaufsichtsbehörde nach Ablauf der Frist nicht, gilt der Antrag als angenommen.

§ 71 Absatz 1 sieht bereits eine negative Fiktion vor: Kann der Bauherr bis zu einer Frist an- geforderte Dokumente nicht liefern, gilt sein Antrag automatisch als abgelehnt.

Mit dem vorliegenden Änderungsantrag wird insofern das Verhältnis von Bauherren und Bauaufsichtsbehörden fairer gestaltet.

Zu Änderungsanweisung 6: Prüfungsdauer von Bauanträgen

Bisher gibt es in Nordrhein-Westfalen keine Statistik, die ausweist, wie schnell die Bauämter Anträge bearbeiten. Fachleute schätzen, dass sie im Durchschnitt zehn bis 18 Monate brauchen (Stellungnahme BFW vom 10. Jan 2023, Stellungnahme 18/196).

Die Landesbauordnung verpflichtet die Landesregierung bisher, einmal im Jahr dem Landtag über die über die durchschnittliche Länge von Baugenehmigungsverfahren Bericht zu erstatten. Allerdings hat die Landesregierung bis heute die dafür nötige Verordnung nach § 91 nicht erlassen.

Jetzt schlägt die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf vor, die Transparenzregeln ganz zu streichen. Vordergründig rechtfertigt die Landesregierung ihren Vorschlag damit, die Bauämter entlasten zu wollen.

Die Anhörung des Ausschusses für Bauen, Wohnung und Digitalisierung vom 17. August 2023 hat jedoch gezeigt, dass diese Änderung bei allen beteiligten Akteuren auf Ablehnung stößt. Der Arbeitskreis der nordrhein-westfälischen Bauaufsichtsbehörden selbst hat diese Streichung und die damit vermeintlich verbundene Entlastung der Bauaufsichtsbehörde explizit abgelehnt. Er begründete dies damit, dass die aus der Berichtspflicht zu erwartenden Zahlen für eine Evaluation gesetzlicher Änderungen unerlässlich seien. Auch zahlreiche Sachverständige aus der Immobilien- und Bauwirtschaft setzten sich in der Anhörung für die Beibehaltung der Berichtspflicht ein.

Der vorliegende Änderungsantrag sieht den Erhalt der Berichtspflicht nach § 91 LBO NRW vor. Um Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen zu können, bedarf es belastbarer Zahlen über die Dauer der Baugenehmigungsverfahren in den Bauämtern. Denn nur anhand belastbarer Zahlen kann überprüft werden, ob gesetzliche und administrative Änderungen Verfahren tatsächlich beschleunigen.