Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer
A Problem
Engpässe bei Baumaterialien und im Handwerk sowie eine hohe Inflation mit steigenden Heiz- und Strompreisen haben zu explodierenden Baukosten und Bauzinsen sowie steigenden Verbraucherpreisen geführt. Die Baupreise in Nordrhein-Westfalen sind zwischen Februar 2019 und Februar 2023 um 34,1 Prozent gestiegen. Der Bau eines Wohnhauses kostet in der Folge heute knapp 27 Prozent mehr als noch Mitte 2021.
Der Wohnungsbau befindet sich im freien Fall. Die Zahl der Baugenehmigungen ist eingebrochen. Die genehmigte Wohnfläche in geplanten Wohngebäuden war im zweiten Quartal 2023 um 35,1 Prozent niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. In Nichtwohngebäuden war die genehmigte Wohnfläche sogar um 40,2 Prozent niedriger als von April bis Juni 2022. Im bundesweiten Vergleich zählt Nordrhein-Westfalen zu den Ländern mit der höchsten Grunderwerbsteuerlast. Der Steuersatz ist schrittweise von 3,5 Prozent auf 6,5 Prozent angehoben worden. Die hohe Grunderwerbsteuer stellt einen erheblichen Kostenpunkt beim Immobilienerwerb dar, hemmt damit die Baukonjunktur und verhindert Investitionen im Wohnungsbereich. Als höchster Faktor der sogenannten Kaufnebenkosten muss die Grunderwerbsteuer regelmäßig aus Eigenkapital gedeckt werden. Die hohen Kosten für die Grunderwerbsteuer in Nordrhein-Westfalen stellen für viele Menschen ein erhebliches Hindernis für den Immobilienerwerb dar.
Die hohe Grunderwerbsteuer ist nicht nur ein erheblicher Kostenpunkt, sondern verringert darüber hinaus die Effizienz des Wohnungsmarktes. Sie erzeugt einen Wohlfahrtsverlust, da sie die Transaktionskosten des Eigentümerwechsels erhöht und das Zusammentreffen von Ange- bot und Nachfrage verteuert. Ebenfalls steigen durch sie die Volumina im Falle einer Fremdfinanzierung. Das resultiert insgesamt in weniger Immobilientransaktionen. Mit einer hohen Grunderwerbssteuer wird zudem die berufliche Mobilität für Arbeitnehmer eingeschränkt, wenn der Wohnortwechsel mit hohen Kosten verbunden ist.
Insbesondere die Schaffung von Wohneigentum hat eine erhebliche Bedeutung. Selbst genutztes Wohneigentum, die eigene Wohnung oder das eigene Haus, bietet Unabhängigkeit und wirtschaftliche Sicherheit. Die eigenen vier Wände sind ein Stück persönliche Freiheit und Zukunftssicherung. Ein Eigenheim ist für viele das ideale und gewünschte Wohnumfeld – von der Familiengründung bis zum sorgenfreien Altwerden. Auch noch heute gilt: Wer selbstgenutztes Wohneigentum erworben hat, hat einen wichtigen Baustein zur wirtschaftlichen Sicherheit geschaffen. Hohe Erwerbsnebenkosten stellen entsprechend ein großes Hindernis für die Wohneigentumsbildung und die Altersvorsorge dar.
B Lösung
Der Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge, die sich auf im Land Nordrhein-Westfalen gelegene Grundstücke beziehen, wird ab dem 1. Januar 2024 von 6,5 vom Hundert auf 5 vom Hundert gesenkt.
C Alternativen
Keine.
D Kosten
Durch die Absenkung des Steuersatzes ergeben sich in erster Konsequenz Steuermindereinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe. Kompensiert würden diese Einbußen mindestens anteilig durch einen Anstieg der Immobilienkäufe und eine Belebung der Wohnungswirtschaft, welche aus der steuerlichen Entlastung resultieren würden. Darüber hinaus müssen Mindereinnahmen durch die dringend nötige Aufgaben- und Ausgabenkritik im Landeshaushalt ausgeglichen werden. Dazu gehört insbesondere eine konsequente Überprüfung und kosteneffiziente Optimierung der kleinteiligen und bürokratischen Förderlandschaft des Landes.
E Zuständigkeit
Zuständig ist das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen.
F Auswirkungen auf die Selbstverwaltung und Finanzlage der Gemeinden und Kommunen
Durch die geringeren Grunderwerbsteuereinnahmen ergeben sich Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Kommunen im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG). Vier Siebtel aus den Einnahmen der Grunderwerbssteuer fließen in die Steuerverbundmasse, von der 23 Prozent über das GFG an die Kommunen ausgeschüttet werden. Mögliche Steuermindereinnahmen können durch einen zu erwartenden Anstieg der Steuereinnahmen durch einen Zuwachs bei den Immobilientransaktionen als Folge des vergünstigten Grunderwerbsteuersatzes ausgeglichen werden. Auf die Höhe der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2024 hat die Senkung des Grunderwerbsteuersatzes keinen Einfluss, da der Verbundzeitraum für die Berechnung der Finanzausgleichsmasse gemäß §2 Abs. 2 GFG 2024 am 30. September 2023 abgelaufen ist.
G Finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmen und die privaten Haushalte
Unternehmen und private Haushalte sind betroffen und profitieren von der Senkung der Steuerlast.
H Befristung
Eine Befristung wird nicht vorgenommen.
G e g e n ü b e r s t e l l u n g auf Seite 3 im Download abrufbar.
Begründung
Die steuerliche Erleichterung hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Nebenkosten, welche im Rahmen des Erwerbs einer Immobilie oder eines Grundstücks anfallen. Eine Reduktion des Steuersatzes löst zusätzliche Bauaktivität aus, macht Wohnbauten wieder erschwinglich, führt zu regionaler Wertschöpfung und macht den Wohnungsmarkt insgesamt effizienter.
Eine Absenkung der Steuer erhöht die Kaufkraft und Zahlungsbereitschaft der Käufer. Die Grunderwerbsteuer fällt nicht nur bei Transaktionen im Zusammenhang mit Neubauten an, sondern auch bei Transaktionen im Bestand. Von einem niedrigen Steuersatz profitiert sowohl der Neubau als auch alle anderen Transaktionen, womit sich die Effizienz des Wohnungsmarktes insgesamt erhöht. Eine Absenkung der Kaufnebenkosten für Privatnutzer macht auch den Markt selbstgenutzter Wohnimmobilien effizienter. Angesichts der allgemeinen Wohnungsknappheit in städtischen Ballungsgebieten schafft eine Senkung der Steuer Anreize, sich räumlich zu verkleinern und die Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen.
Da die Landesregierung die Weiterführung des Landesprogramms „NRW.Zuschuss Wohneigentum“ abgelehnt hat, ist eine reale steuerliche Entlastung für das Land Nordrhein-Westfalen als Wohn- und Investitionsstandort geboten. Um bestehende Standortnachteile auszugleichen, soll eine Absenkung des Grunderwerbsteuersatzes lediglich einen ersten Schritt darstellen. Mittel- und langfristig kommt zur Belebung der Baukonjunktur eine weitere Absenkung des Steuersatzes bis auf 3,5 Prozent in Frage.