Zwischen Oppositionsgetöse und Regierungsrealität: Was plant die schwarz-grüne Landesregierung bei den Luftfiltern?
Die bisherige Landesregierung aus CDU und FDP hat mit zahlreichen Maßnahmen zu einer erfolgreichen Bewältigung der Corona-Pandemie beigetragen. Hierzu zählten im Bereich von Schule und Kita u.a. der Einsatz von mobilen Raumluftfiltern und die Unterstützung der Schulträger für bauliche Maßnahmen. So sah das „Lüftungsprogramm I“ für mobile Luftreinigungsgeräte des Landes Nordrhein-Westfalen mit einem Volumen von 50 Mio. Euro im Jahr 2020 vor, dass für Räume, die nicht ausreichend durch gezieltes Fensteröffnen oder durch eine raumlufttechnische Anlage (RLT-Anlage) gelüftet werden können, der Erwerb mobiler Luftreinigungsgeräte finanziell unterstützt wurde. Zuwendungsfähig waren auch einfache bauliche Instandsetzungs- oder Umrüstungsmaßnahmen an Fensteranlagen. Im Juli 2021 hat die Landesregierung ein weiteres Sonderprogramm (Lüftungsprogramm II) für Schulen und Kindertagesbetreuung in einer Höhe von bis zu 90,4 Mio. Euro aufgelegt.
2020 startete der NRW-Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen in der Diskussion um die Ausstattung von Schulen mit Luftfilteranlagen eine Petition. Diese beinhaltete die Rechnung, dass es 300 Mio. Euro oder 100 Euro pro Person im Klassenraum benötige, um Luftfilteranlagen in allen Klassenzimmern zu fördern. So heißt es in der Petition wörtlich: „Wir meinen: Das sollte uns der Gesundheitsschutz in den Schulen und die Vermeidung größerer Ausbrüche und Schulschließungen wert sein.“ So wurde die Forderung aufgestellt, dass es in allen Klassenräumen Luftfilteranlagen geben müsse. Bis heute ist diese Petition beim NRW-Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen aufzurufen und mit einem Video bei YouTube untermauert.
Noch im März 2022 erklärte die damalige Spitzenkandidatin und heutige stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur in einem Impulspapier: „Es wurde in den vergangenen Jahren konsequent versäumt, die Bildungs- und Betreuungseinrichtungen so vorzubereiten und im Pandemiemanagement zu unterstützen, dass Kinder und Jugendliche, Eltern, Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher sich durchgängig sicher fühlen konnten. (…) Der Einbau von Luftfilteranlagen muss jetzt forciert und wenn nötig zentral vom Land gesteuert werden.“
Die schwarz-grüne Landesregierung hat in der vergangenen Woche ihr Konzept zur Vorbereitung von Schulen und Kindertagesreinrichtungen auf den nun kommenden dritten Corona-Herbst und -Winter vorgestellt. Dabei fällt auf, dass Luftfilteranlagen für die Aufrechterhaltung des Präsenzbetriebs in der Kindertagesbetreuung und in Schulen eine nachgelagerte Rolle spielen. So soll das Förderprogramm zur Anschaffung von sogenannten Luftfilteranlagen, welches von der schwarz-gelben Landesregierung aufgelegt wurde, lediglich in einem kleineren Umfang weitergeführt werden: Im Vergleich zum Programm der Vorgängerregierung reduziert die schwarz-grüne Landesregierung die Fördersumme von 90,4 Mio. Euro auf nur noch 10 Mio. Euro. Darüber hinaus ist zum aktuellen Zeitpunkt fraglich, wann das Förderprogramm in Kraft tritt. Anders als in dem „Handlungskonzept Corona“ des Ministeriums für Schule und Bildung vom 28. Juli 2022 mit der Verlinkung zur Seite des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung (MHKBD) suggeriert, besteht zum aktuellen Zeitpunkt kein aktives Förderprogramm des Landes zur Anschaffung von mobilen Luftfilteranlagen. So heißt es dort auf Seite 7: „In Räumen, die nicht entsprechend zu belüften sind, können bauliche Maßnahmen, aber auch die Einrichtung einer technischen Lüftung oder die Aufstellung von Luftreinigungsgeräten zur Verbesserung der Lüftungssituation beitragen. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei der Anschaffung und Umsetzung durch verschiedene Förderprogramme. Dazu ist anzumerken, dass zumindest der Zeitpunkt für Beantragungen aus Mitteln des „Lüftungsprogramms II“, mit denen mobile Luftreinigungsgeräte mit Filtertechnologie (HEPA 13), mit UV-C-Technik oder sogenannte Kombinationsgeräte aus beiden Verfahren gefördert werden können, laut Hinweis auf der Seite des MHKBD bereits am 10. März 2022, also vor rund 5 Monaten ausgelaufen.
Stattdessen soll nun überwiegend auf CO2-Messgeräte gesetzt werden. Dies ist bemerkenswert, da laut Pressemitteilung des MHKBD die Finanzierung des neu aufgelegten Programms u.a. mit 38,8 Mio. Euro aus nicht in Anspruch genommenen Mitteln des vorherigen „Lüftungsprogramm II“ bestritten werden soll. Das bedeutet, dass die Fördermittel für mobile Luftfilteranlagen zu Gunsten von CO2-Messgeräten umgeschichtet und wesentlich reduziert werden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Beabsichtigt die Landesregierung „100 Euro pro Person in einem Klassenraum“ in die Ausstattung von Luftfilteranlagen zu investieren?
- Wie viele mobile Luftfilteranlagen werden durch die Fortführung des Programms in Höhe von 10 Mio. Euro durchschnittlich pro antragsberechtigtem Träger bzw. pro Schule oder Kindertageseinrichtung zusätzlich (im Vergleich zu den Förderprogrammen der letzten Legislatur) zur Verfügung stehen? (Erbeten wird eine Auflistung nach Landkreisen und Städten.)
- Welche Bedeutung haben Luftfilteranlagen in der Corona-Strategie der Landesregierung, auch vor dem Hintergrund von 38,8 Millionen Euro nicht abgerufenen Mitteln aus dem „Lüftungsprogramm II“?
- Sofern die Landesregierung einen besonderen Nutzen von Luftfilteranlagen anerkennt: Warum sollen nun 51,4 Mio. Euro in CO2-Messgeräte statt in zusätzliche Luftfilteranlagen investiert werden?
- Welche Voraussetzungen müssen für CO2-Melder, CO2-Warner) die angekündigten CO2-Messgeräte (CO2-Ampel, vorliegen, um förderfähig zu sein? (z.B. Eichung, TÜV-Zertifizierung)
Henning Höne
Marcel Hafke
Prof. Dr. Andreas Pinkwart