Mögliche Perspektive für den Katastrophenschutz in NRW

Tiefenintegration der niederländischen Streitkräfte in die Bundeswehr: Die deutsch-niederländische Partnerschaft ist in Nordrhein-Westfalen ganz besonders eng und freundschaftlich. Die Zusammenarbeit im Rahmen der Benelux ist geprägt von großem Vertrauen, gegenseitigem kulturellen Austausch und starken Wirtschaftsbeziehungen. Über die letzten Jahrzehnte ist auch die militärische Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande gewachsen. So verzichten die Niederlande seit vielen Jahren schon auf den Kauf eigener Panzer und vertrauen auf die Einheiten der Bundeswehr. Die enge Kooperation der Bundeswehr mit den niederländischen Streitkräften gilt als Musterbeispiel für eine europäische Verteidigungsunion.

Dr. Werner Pfeil

Dr. Werner Pfeil

Aktuelle Pläne sehen jetzt eine Tiefenintegration der niederländischen Streitkräfte in die Bundeswehr vor. „Auch wenn dies noch in weiter Ferne liegen könnte, führt die Zeitenwende auch dazu, neue Ideen und Gedanken für den Bereich der Katastrophenhilfe zu entwickeln. Wir Freien Demokraten in Nordrhein-Westfalen unterstützen dieses Vorhaben, das auch weitere Zusammenarbeit im Krisenfall ermöglicht. Primär geht es um gemeinsame militärische Einsätze, jedoch wären auch sonstige Hilfeleistungen in Krisenzeiten denkbar. Zum Beispiel unter Anwendung des humanitären Völkerrechts der Einsatz von Sanitätspersonal beider Länder, aber auch der Einsatz von Soldatinnen und Soldaten auf dem jeweils anderen nationalen Hoheitsgebiet“, sagt Dr. Werner Pfeil, Sprecher für Europa und Internationales der FDP-Landtagsfraktion NRW.

Hilfeleistungen in den vergangenen Jahren

Während der Flutkatastrophe im Ahrtal unterstützten deutsche Soldatinnen und Soldaten die Hilfskräfte von THW und Feuerwehr. Sie halfen Menschen in Not und versorgten die Bevölkerung mit Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten. Die Bundeswehr stellte Satellitenkommunikation bereit und sicherte mit den weiteren Hilfskräften die Wasser- und Abwasserversorgung. Mit Räumpanzern wurden Straßen freigemacht und mit Brückenlegepanzern provisorische Brücken installiert. „Auch während der Corona-Pandemie waren Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung der Gesundheitsämter eingesetzt. Wenn man jetzt bei Großschadensereignissen bilateral auch schneller Hilfsleistungen der Streitkräfte ermöglicht, kann der Zivilschutz in Nordrhein-Westfalen und der niederländischen Grenzregion weiter optimiert werden“, so Pfeil, der auch Sprecher im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Hochwasserkatastrophe“ ist.

Gebündelte Kompetenzen der Streitkräfte im Zivilschutz

Durch die Tiefenintegration der niederländischen Armee und der Bundeswehr könnten bei grenzüberschreitenden Großschadensereignissen die Bürgerinnen und Bürger von einer noch gezielteren Vernetzung und besser koordinierten gegenseitigen Unterstützung profitieren. „Katastrophen können wir nur in nachbarschaftlichem Miteinander bewältigen. Für Betroffene spielt es keine Rolle, von wem und aus welchem Land die Hilfe kommt. Wichtig ist, dass sie kommt. Und zwar schnell und unbürokratisch“, so Pfeil. Dabei könnte die geplante Tiefenintegration gerade auch im Rahmen von zukünftigen Katastrophenszenarien, zum Schutz von Leib und Leben der Bürgerinnen und Bürger diesseits und jenseits der nationalen Grenzen, zum Tragen kommen. „Hierbei sind jedoch verfassungsrechtliche Punkte zu klären. Und letztlich müssen völkerrechtliche Vereinbarungen mit den Niederlanden getroffen werden, für die der Bund zuständig ist“, erläutert Pfeil. 

Hintergrundinformation: Nach Art 35 I GG darf die Bundeswehr beispielsweise Amtshilfe im Inland leisten, weswegen in der Corona-Krise auch Soldatinnen und Soldaten Aufgaben bei den Gesundheitsämtern übernehmen konnten, beispielsweise bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. Außerdem ist nach Art 35 II 2, III GG die Hilfe im Katastrophenfall als Ultima Ratio innerstaatlich möglich. Es muss sich dabei um eine „ungewöhnliche Ausnahmesituation katastrophalen Ausmaßes“ handeln.