Organisierte Einflussnahme statt Rechtsstaat: Das ganze Ausmaß der OVG-Affäre und wie sie aufgedeckt wurde
Gemeinsame Pressemitteilung von SPD und FDP
Dr. Werner Pfeil
Im Plenum des Landtags wurde heute ein letztes Mal der Schlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses IV („OVG-Besetzung“) beraten. CDU und Grüne haben darin mit ihrer Mehrheit ihre Version der Vorgänge dokumentiert, die von der Realität nicht weiter entfernt sein könnte. SPD und FDP haben jedoch von ihrem Recht für ein Sondervotum Gebrauch gemacht und darin die aufgedeckten Verfehlungen, Absprachen und Widersprüche der Landesregierung minutiös benannt. Hierzu erklären Nadja Lüders, Obfrau der SPD-Fraktion, und Dr. Werner Pfeil, Obmann der FDP-Fraktion im PUA IV:
Nadja Lüders (SPD): „Was der PUA ans Licht gebracht hat, ist eine politische Abmachung von bemerkenswerter Dreistigkeit, die sich sogar bis zur Erstellung und Verabschiedung des Abschlussberichts fortgesetzt hat. SPD und Freie Demokraten haben im Untersuchungsausschuss die notwendigen Fragen gestellt und damit Strukturen offengelegt, die Schwarz-Grün bis zum Schluss verschleiern wollte. Unser Sondervotum hingegen zeigt, wie es wirklich war: Es gab eine organisierte Absprache in der Landesregierung, um eine bereits getroffene Auswahlentscheidung auszuhebeln.
Wir kommen zu einem eindeutigen Befund: Die Landesregierung hat bewusst gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Bestenauslese verstoßen. Statt eines fairen, grundgesetzkonformen Verfahrens wurden politische Loyalität, parteipolitische Erwägungen und persönliche Netzwerke zum entscheidenden Maßstab gemacht. Mehrere Mitglieder des Landeskabinetts, ein CDU-Bundestagsabgeordneter und weitere Akteure aus Koalitionskreisen griffen unzulässig in das Verfahren ein – mit dem Ziel, eine parteipolitisch gewünschte Kandidatin durchzusetzen. Gespräche außerhalb der Akten, rechtswidrige Beurteilungen, willkürliche Kriterien wie die nachträglich erfundene „Digitalkompetenz“ und die Missachtung der Bedenken des Präsidialrats belegen die systematische Manipulation des Auswahlprozesses. Man kann in diesem Zusammenhang sogar schon fast von einer Art Verschwörung sprechen.
Unser Sondervotum zeigt die ganze politische Wahrheit hinter dieser Affäre. Erst der Druck von SPD und FDP hat dazu geführt, dass ein verfassungswidrig zustande gekommener Kabinettsbeschluss aufgehoben wurde. Das geplante Opfer dieses Komplotts, ein hochqualifizierter Bewerber, ist heute OVG-Präsident – die politisch protegierte Wunschkandidatin der Landesregierung musste weichen. Damit wurde der Respekt vor der Justiz gestärkt und das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer parlamentarischen Kontrollmechanismen erneuert.
Eine solche Beschädigung des Rechtsstaats darf sich in Nordrhein-Westfalen nie wiederholen. Deshalb formulieren wir klare Handlungsempfehlungen, damit Besetzungsverfahren künftig transparent, verfassungstreu und frei von politischer Einflussnahme ablaufen.“
Dr. Werner Pfeil (FDP): „Was sich über vier Jahre in der nordrhein-westfälischen Justiz abspielte, ist Stoff für das Drehbuch eines Polit-Thrillers. SPD und Freie Demokraten haben im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss für umfassende Aufklärung gesorgt. Aus dem schwarz-grünen Abschlussbericht geht das nicht hervor, die skandalösen Vorgänge rund um die OVG-Besetzung werden beschönigt. Unser Sondervotum deckt hingegen die wahren Abläufe auf.
Wir kommen zu dem klaren Ergebnis: Die Landesregierung hat das verfassungsrechtlich garantierte Gebot der Bestenauslese verletzt. Schwarz-Grün hat trotz eines klar geregelten Verfahrens mit politischen Absprachen, unzulässiger Einflussnahme sowie Partei- und Geschlechterproporz den Rechtsstaat in Nordrhein-Westfalen zur Karikatur seiner selbst gemacht. Im Verlauf des Besetzungsverfahrens wurden wichtige Gespräche von vollkommen unzuständigen Akteuren aus dem politischen Berlin und Düsseldorf geführt und massive Verfahrensfehler gemacht. CDU und Grüne haben unter Federführung ihrer Minister Limbach und Liminski die Besetzung höchster Richterposten wie auf dem Basar ausgefeilscht.
Unser Sondervotum deckt die ganze erschreckende Wahrheit auf, die der PUA ermittelt hat. Eine solche mutwillige Beschädigung des Rechtsstaats darf sich in Nordrhein-Westfalen niemals wiederholen. Deshalb legen wir sieben konkrete Handlungsempfehlungen vor, um den rechtsstaatlichen Ablauf solcher Verfahren in Zukunft sicherzustellen.“