Parlamentarischer Untersuchungsausschuss II (Hochwasserkatastrophe)

Sitzung am 30.06.2022

Mit der ersten Sitzung fand die Konstituierung des Ausschusses statt, nachdem das Parlament am Vormittag desselben Tages die Einsetzung des PUA II Hochwasserkatastrophe beschlossen hatte. Die FDP-Landtagsfraktion hatte sich im Vorfeld öffentlich sehr dafür eingesetzt, dass die PUA-Arbeit, die in der zurückliegenden Legislaturperiode begonnen wurde, eine Fortsetzung nimmt. Denn: Viele Themen konnten aufgrund der geringen Zeitspanne nicht mehr behandelt werden. Dies soll nun in den kommenden Monaten nachgeholt werden.

Wir werden von nun an regelmäßig über die kommenden inhaltlichen Sitzungen des PUA im Rahmen unseres Blogs berichten und Sachverhalte tiefergehender beleuchten.

Sitzung am 23.09.2022

In der zweiten Sitzung erschienen vier Sachverständige, um die von ihnen vorgelegten Gutachten zum Thema „Verbesserung der Hochwasservorhersage“ und „Strategien für einen verbesserten Katastrophenschutz“ zu präsentieren und zu erläutern. Zur Umsetzung eines verbesserten Katastrophenschutzes gehören unter anderem die Einrichtung eines Landesamtes ausschließlich für die Katastrophenvorsorge und „Kat-Leuchttürme“. Das neue Landesamt soll zahlreiche Aufgaben im Zusammenhang der Bewältigung von Katastrophen bündeln und damit Dreh- und Angelpunkt im Bevölkerungsschutz werden. Die Kat-Leuchttürme sollen für die Bürger unmittelbare Anlaufstelle für die Versorgung mit allem Notwendigen im Katastrophenfalle sein. Durch die Sachverständigen wurde dem Ausschuss erneut die Dringlichkeit einer effektiven Katastrophenvorsorge vor Augen geführt.

Sitzung am 21.10.2022: Auswärtige Sitzung in Hagen, Altena, Radevormwald-Wuppertalsperre

Die dritte Ausschusssitzung fand auswärts in den Städten Hagen und Altena und an der Wuppertalsperre statt. Begleitet wurden die Ausschussmitglieder von Vertretern der Feuerwehr und dem THW, nachdem wir zuvor von den Bürgermeistern der Städte im Rathaus empfangen worden waren. Zu Fuß suchten wir Straßenzüge auf, die besonders stark vom Hochwasser betroffen waren. Die ausführlichen Schilderungen der Katastrophenhelfer veranschaulichten in beeindruckender Weise, mit welcher Wucht das Wasser in den jeweiligen Städten gewütet hatte. Insbesondere die Schilderung des tragischen Todes eines Feuerwehrmannes in Altena führte uns die Dramatik und den Schrecken des Ereignisses  vor Augen. Viel wurde seit Juli 2021 wieder aufgebaut, dennoch sind Schäden an der Infrastruktur bis heute sichtbar.

Ein großes Thema in den Gesprächen mit den Bürgermeistern war die Resilienz von Hochwasserschutzsystemen. Das extreme Hochwasser im Juli 2021 hat gezeigt, dass die vorhandenen Schutzsysteme nicht ausreichen. Beim Wiederaufbau der Orte geht es nun darum, die Widerstandsfähigkeit der Schutzsysteme durch die Kombination diverser Maßnahmen zu erhöhen: Resilienz – eines der Themenfelder, das die FDP-Landtagsfraktion mit Engagement und Konsequenz vorantreiben wird.

Zerstörte Straße in Altena

Altena nach der Hochwasserkatastrophe

Feuerwehrmann aus Hagen

Feuerwehrmann aus Hagen

Sitzung am 25.11.2022

Auf der Tagesordnung stand dieses Mal die Befragung zweier Zeugen zum Thema Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Hochwasserbekämpfung in der StädteRegion Aachen und mithilfe der Bundeswehr.

Der geladene Zeuge aus der Städteregion zeichnete sich durch hohe Kompetenz und langjährige Erfahrung auf dem Gebiet des Katastrophenschutzes aus. Neben verschiedenen Versäumnissen vor und während des Hochwassers im Juli 2021 hob der Zeuge die „totale Unterbesetzung“ bei der Krisenbewältigung aufgrund der Urlaubszeit als Missstand hervor. Wesentlich für die Beherrschung künftiger Flutereignisse seien u.a. ein besseres (aktuelles) Lagebild und eine nach Prioritäten geordnete Steuerung der Hilfeleistungen. Erschreckend gewesen sei die teilweise Ignoranz der Bevölkerung in Bezug auf die Warnungen an der Haustür durch Polizei und Feuerwehr.

Der zweite Zeuge, eine ehemaliger Kommandeur des NRW-Landeskommandos der Bundeswehr, lobte die Mitwirkung der Soldaten im Wege der Amtshilfe. Die Bundeswehr sei aufgrund zahlreicher Einsätze in Flutgebieten ein wertvoller und unverzichtbarer Bestandteil im regionalen Katastrophenschutz.

Die Zeugen boten dem Ausschuss mit ihren aufschlussreichen Aussagen viele wertvolle Erkenntnisgewinne, die sicherlich in den Empfehlungen des Abschlussberichts Erwähnung finden werden.

Sitzung am 13.01.2023

In der 6. Ausschusssitzung zur Aufarbeitung der Flutkatastrophe wurden zwei Mitarbeiter der Bergbau-Abteilung der Bezirksregierung Arnsberg als Zeugen vernommen. Diese Abteilung ist für die Genehmigungsverfahren und die Fachaufsicht von Tagebauen zuständig. In dieser Sitzung ging es um die Überflutung der Kiesgrube Erftstadt-Blessem und die dadurch entstandenen Schäden in der Ortschaft.

Bei seiner (öffentlichen) Befragung gab der zuständige Abteilungsleiter des Bergamts an, dass die Genehmigungen für die Kiesgrube nicht von der Bezirksregierung, sondern von der Vorgängerbehörde erteilt wurden. Die Bezirksregierung habe die Zuständigkeit für die Kiesgrube erst später übernommen. Zum Zeitpunkt der Überflutung habe der Tagebau sämtliche erforderlichen Betriebsgenehmigungen gehabt. Die Dichte und Höhe des Hochwasserschutzwalls sei allerdings nur anhand der von dem Tagebaubetreiber übermittelten Messdaten am Schreibtisch überprüft worden. Offen blieb, ob damit die Fachaufsicht ordnungsgemäß ausgeübt wurde. Zudem ergab die Befragung der beiden Mitarbeiter, dass es weitere 14 Risikobetriebe in NRW gibt, denen bei Hochwasser eine Überflutung droht. Auf die Frage unseres FDP-Obmanns Dr. Werner Pfeil, ob die zuständigen Behörden und Anwohner über die möglichen Gefahren informiert seien, musste der Abteilungsleiter einräumen, dass dies bisher noch nicht geschehen sei. Dies muss aus Sicht der FDP-Landtagsfraktion daher nun schnellstens erfolgen.

Die Vernehmung des für die Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Kiesgrube zuständigen Dezernenten bei der Staatsanwaltschaft Köln fand im nicht öffentlichen Teil der PUA-Sitzung statt. Wegen der noch laufenden Ermittlungen waren Auskünfte im öffentlichen Teil der Sitzung nicht gestattet.

Sitzung am 10.02.2023

In seiner Sitzung am 10. Februar 2023 hat der Untersuchungsausschuss die Zeugenvernehmungen fortgesetzt und weitere Beweisbeschlüsse gefasst. Zu Beginn beschäftigte sich der Ausschuss mit dem Thema Hochwasserschutz und der Vorhersagbarkeit des Hochwassers im Juli 2021. Im Anschluss wurden erneut Sachverständige angehört und befragt. Von den drei angehörten Sachverständigen waren die Aussagen des von der FDP benannten Sachverständigen Professor Dr. Christoph Gusy (Universität Bielefeld) besonders interessant.

Staatsrechtler Prof. Dr. Gusy war zum zweiten Mal zur Aufklärung der Flutkatastrophe geladen. Kurz nach Einsetzung des PUA Hochwasser in der vergangenen Wahlperiode beantwortete er bereits Fragen der Ausschussmitglieder. Nur waren seine Auskünfte durch die damals noch geringere Erkenntnislage nicht so umfangreich. Grundlegend geändert hat sich seine Begutachtung im Laufe der Zeit nicht. Es fühlte sich allerdings durch die gewonnenen Erkenntnisse der vergangenen Monate bestätigt. Eine seiner Kernaussagen war, dass der Katastrophenfall nicht die Zeit des Dienstweges sei. Damit wollte er deutlich machen, dass im Ernstfall gesetzliche Zuständigkeiten und Verwaltungsabläufe hinter der Krisenbewältigung zurückzustehen haben.

In der Katastrophe habe jeder alles zu unternehmen, um sie effizient zu bekämpfen und zu retten, was zu retten ist. Das müsse für die Zukunft das Gebot der Stunde sein.

Sitzung am 14.02.2023

Der Untersuchungsausschuss hat in seiner Sondersitzung am Dienstag, 14. Februar 2022 die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, Ina Scharrenbach (CDU) als Zeugin angehört, um der Frage der Zuständigkeit ihres Ministeriums im Zuge des Hochwassers im Juli 2021 nachzugehen.

Scharrenbachs Ministerium hatte auf einen Beweisbeschluss des Ausschusses Akten im Umfang von lediglich zehn Seiten geliefert. Aus Sicht der Opposition sind die Dokumentenzulieferungen unvollständig.

In der Sitzung versuchte Kommunalministerin Scharrenbach, die magere Aktenlieferung zu begründen. Schnell wurden die unterschiedlichen Auffassungen über den Begriff „Katastrophe“ deutlich. Ministerin Scharrenbach beharrte darauf, dass sich die Hochwasserkatastrophe lediglich auf die Tage vom 14. und 15. Juli 2021 beschränke. Bereits am 16. Juli 2021 sei – so ihre Einordnung – die Krise beendet gewesen. Da das Kommunalministerium lediglich mit der Bewilligung und Auszahlung von Fluthilfen befasst gewesen sei, habe ihr Haus während der Katastrophe keine Rolle gespielt. Sie betonte, dass die Gefahrenabwehr bei der Jahrhundertflut Mitte Juli 2021 in der Zuständigkeit des Innenministeriums gelegen hätte. Ihr eigenes Ressort habe keine Mitarbeiter für Bergrecht, Entsorgung oder Aufräumarbeiten. Daher habe sie nur die o.g. zehn Seiten Akten an den Ausschuss geliefert.

Einige Mitglieder des Ausschuss hingegen sehen die Katastrophe über den 15. Juli 2021 hinaus fortdauern. Keineswegs sei die Krise am 16. Juli 2021 beendet gewesen. Einigkeit konnte auch nach über zwei Stunden nicht erzielt werden. Frau Ministerin Scharrenbach weigerte sich, weitere Akten zu liefern. Die Sitzung endete ohne Ergebnis.

Sitzung am 27.02.2023

Zur Ausschusssitzung am 27. Februar 2023 wurden Dr. Fritz Jaeckel von der IHK Nord Westfalen und – auf Wunsch der SPD-Fraktion - erneut die NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) als Zeugen vernommen.

Dr. Jaeckel wurde im August 2021 vom damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet zum „Beauftragten für den Wiederaufbau in den Flutgebieten“ ernannt. In seiner Vernehmung gab er an, seine Aufgabe sei es gewesen, die von der Flut Betroffenen bei der Beantragung von Hilfen und die Verwaltung bei der Bearbeitung der Anträge zu unterstützen. Dadurch sollte der Wiederaufbau zügig ermöglicht werden, was auch in enger Zusammenarbeit mit dem Kommunalministerium gelungen sei. Bereits bei Aufnahme seiner Tätigkeit habe ein fortgeschrittener Stand hinsichtlich der Erarbeitung einer Förderrichtlinie bestanden.

Von der zweiten Vernehmung von Ministerin Scharrenbach erhoffte sich der Sprecher der FDP-Fraktion Werner Pfeil keinen weiteren Erkenntnisgewinn. Und so kam es auch. Wie schon in ihren vorherigen Zeugenvernehmungen wiederholte sie ihre Auffassung hinsichtlich der Auslegung des Untersuchungsauftrages, die ihre mangelnde Zuständigkeit während der Flutkatastrophe am 14 und 15. Juli 2021 begründe. Sie weigerte sich wieder, weitere Akten zu liefern und verwies wiederholt darauf, dass die Fragen der Ausschussmitglieder durch den Untersuchungsauftrag nicht gedeckt seien. Aus ihrer Sicht sollen Akten nur für den Zeitraum 14. bis 16. Juli 2021 geliefert werden, also für die drei Tage von starken Regen. Im Übrigen wurde sie zu ihrer Kommunikation mit anderen Mitgliedern der Landesregierung befragt sowie zu ihren Aufgaben in Urlaubsvertretung für ihre Kabinettskollegen. Ergiebig waren die Antworten der Ministerin für den Untersuchungsausschuss nicht. Ihre Weigerungshaltung sorgte aber bei einigen Ausschussmitgliedern für großen Unmut.

Sitzung am 28.04.2023

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss hat am 28. April die Vernehmung von weiteren Zeugen/Sachverständigen aus dem Bereich der Wasserverbände fortgesetzt. Zunächst wurde der Sachverständige Erwin Bungartz von dem Zweckverband Kronenburger See angehört und befragt. Er ist Verwaltungsbeamter bei der Gemeinde Dahlem , Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters und u.a. zuständig für den Landschaftsschutz. In der Anhörung gab er an, dass der Zweckverband Kronenburger See als Träger der Talsperre für die Betreuung, Reparatur und Überwachung des Kronenburger Sees ist. Bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 kam es zu Beeinträchtigungen und Beschädigungen der Talsperrentechnik des Kronenburger Sees. Allerdings konnte die Talsperre ihre Aufgabe als Hochwasserschutz trotz der technischen Schäden bewältigen. Die Frage unseres Obmanns Werner Pfeil, ob man im Vorfeld irgendetwas besser hätte machen können, um die Hochwasserschäden zu vermeiden, verneinte der Zeuge.

Im Anschluss wurde Dr. Joachim Reichert, Vorsitzender des Wasserverbandes Eifel-Rur, vernommen. Er schnitt das Thema Resilienz an. Aus seiner Sicht sollte Hochwasserresilienz deutlicher in den Fokus bei der Stadtplanung rücken. Zudem hob der Zeuge hervor, dass eine Zusammenarbeit der Trägern der Talsperren zwingend erforderlich sei, um Maßnahmen zum Hochwasserschutz erfolgreich umsetzen zu können.