Über eine Million Grundsteuererklärungen fehlen in NRW immer noch

Immer mehr Gutachter befürchten die Verfassungswidrigkeit des neuen Grundsteuermodells, zuletzt Verfassungsrechtler Prof. Gregor Kirchhoff. Maßgebliche Verbände wie Bund der Steuerzahler oder Eigentümerverein Haus & Grund arbeiten derzeit ihre Klagen aus. Da der Finanzminister die Anwendung von Musterprozessen für alle Steuerpflichtigen ablehnt, was die FDP im Landtag beantragt hat, rollt nun eine Klagewelle auf die Finanzämter zu, da jeder individuell Rechtsmittel ergreifen muss.

Ralf Witzel

Auf Anfrage der FDP muss der Finanzminister nun einräumen, wie deutlich er seinem Zeitplan hinterherhinkt. Ursprünglich hielt er den 31. Oktober 2022 für notwendig, um neue Grundsteuer rechtssicher umzusetzen. Widerwillig ist er am Ende den anderen Finanzministern gefolgt, die zweite Deadline für den 31. Januar 2023 vorzusehen. Die aktuellen Zahlen belegen: Auch Ende April liegt der Erklärungseingang erst bei 83 Prozent. Damit fehlen bei 6,7 Millionen Steuerfällen immer noch über eine Million Steuererklärungen. Der Finanzminister weigert sich seitdem, konkrete quantitative und zeitliche Ziele zu nennen, an denen er sich messen lassen könnte.

Aber ein schleppender Eingang ist längst nicht das einzige Problem. Hunderttausende Steuerpflichtige haben nach Zugang ihres Steuerbescheids bereits Rechtsmittel ergriffen. Allein bis Ende Januar 2023 sind es 187.000 gewesen. Die FDP begrüßt diese rechtliche Überprüfung und kritisiert die Landesregierung scharf, da diese keine Musterverfahren erlaubt, die alle Beteiligten entlasten würden.

Der Sprecher für Finanzen in der FDP-Landtagsfraktion Ralf Witzel fordert eine faire Behandlung der Bürgerinnen und Bürger durch Land und Kommunen und ermuntert Betroffene, sich rechtlich zu wehren: „Land und Kommunen müssen Bürger besser unterstützen und behandeln, wenn sie ihnen schon diese völlig unnötige Grundsteuerbürokratie in einem maximal komplizierten Modell zumuten. Steuerpflichtige sollten ihre Bescheide sachkundig prüfen lassen und im Zweifel großzügig mit Einsprüchen oder Klagen dagegen vorgehen. Viele Einsprüche sind absolut berechtigt und dringend notwendig. Es ist ein gravierender Wortbruch, wenn etliche Kommunen im Windschatten der Grundsteuerchaos jetzt auch noch ungeniert die Steuersätze erhöhen.“