Kinderrechte und Recht auf Unterricht?!

Zur thematischen Vertiefung der noch bis zum 23. Oktober 2023 laufenden Ausstellung „Kindeswohl“ des Aachener Künstlers Detlef Kellermann lud die FDP-Landtagsfraktion zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Kinderrechte und Recht auf Unterricht?!“ ein.

V. l. n. r.: Prof. Dr. Flößer, Dr. Werner Pfeil, Yvonne Gebauer, Marcel Hafke 

Marcel Hafke, parlamentarischer Geschäftsführer und Sprecher für Familie, Kinder und Jugend, führte in die Thematik ein. In Nordrhein-Westfalen seien in den vergangenen Jahren immer wieder schreckliche Missbrauchsfälle gegen Kinder und Jugendliche zutage getreten, die es auch parlamentarisch aufzuarbeiten gelte. Dies geschehe derzeit im Untersuchungsausschuss „Kindesmissbrauch“, in dem gegenwärtig Yvonne Gebauer für die FDP-Landtagsfraktion sitzt und als Moderatorin durch den Abend führte.     

Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes in Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Gaby Flößer, plädierte in ihrem einleitenden Impuls für ein generelles Recht auf Bildung. Ein solches sei die Voraussetzung für Beteiligung, für das Wissen über seine Rechte, aber auch für den Schutz vor Gewalt. „Wir müssen dafür werben, dass man Kindern eine Stimme geben muss“, lautete ihr eindringlicher Appell, den sie um die kritische Anmerkung ergänzte, dass bei einer Diskussion über Kinderrechte eigentlich ein Kind mit am Tisch sitzen müsse. Zu häufig würden Kinderrechte aus der Erwachsenenperspektive verhandelt. Eine klare Haltung nahm sie auch zum Umgang mit Kindern in der Corona-Pandemie ein: „Sie waren erst Täter, danach Opfer. Gesprochen wurde mit ihnen aber nie. Das darf in Zukunft nicht nochmal passieren!“

Auch die Leiterin der Kölner Beratungsstelle Zartbitter, Ursula Enders, forderte im Umgang mit Kinderrechten ein Umdenken: „Kinderrechte müssen mit Kindern verhandelt werden.“ Das Recht auf gewaltfreie Erziehung sei das bekannteste Kinderrecht, müsse aber um ein Recht auf respektvolle Behandlung ergänzt werden. Kritisch blickte sie auf öffentlichkeitswirksame Projekte global agierender Hilfsorganisationen: „Was nützen bundesweite Schutzprojekte, wenn es keine regionalen Beschwerdestellen gibt?“ Sie warb zudem dafür, Kindern zu vermitteln, wie sie sich gegenseitig unterstützen können, zumal sie sich in Konfliktfällen nicht immer den Eltern anvertrauten.

„Verfassungsrang für Kinderrechte?“

Detlef Kellermann stellte sich dem Publikum als bildender Künstler mit Erzieherausbildung vor und betonte, dass Menschenrechte alleine nicht reichten. Es brauche explizite Kinderrechte. Für den gebürtigen Hildesheimer liegt die erste Verantwortung bei der Kindeserziehung im Elternhaus. Er beobachte mit einem gewissen Befremden, wie Kinder von ihren Eltern häufig als Last empfunden würden. „Eltern brauchen Zeit für ihre Kinder und sollten die Erziehung nach Möglichkeit nicht wegorganisieren“, so sein eindringlicher Appell. 

Der rechtspolitische Sprecher und Aachener Abgeordnete Dr. Werner Pfeil erläuterte, dass das Recht der Kinder auf schulische Bildung vor zwei Jahren als Folge der Pandemie durch das Bundesverfassungsgericht aus Artikel 2 und 7 GG hergeleitet wurde. Daneben sei die UN-Kinderechtskonvention Bundesrecht, doch bei der Frage, ob Kinderrechte  auch Verfassungsrang bekommen sollten, gäbe es in der Politik kein einheitliches Stimmungsbild. Der Jurist sprach sich für die Aufnahme der Kinderrechte in die nordrhein-westfälische Landesverfassung oder in das Grundgesetz aus.

In der anschließenden offenen Diskussionsrunde kamen zahlreiche Stimmen aus dem Publikum zu Wort. Ob es rechtliche Ergänzungen waren, der Wunsch nach dem Ausbau des Offenen Ganztags oder der Vorschlag eines Rechts auf Glück: Der Abend machte deutlich, dass Kinderrechte ein hochemotionales Thema sind, welches aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden muss. Die wichtigste Erkenntnis war die Notwendigkeit, sich kontinuierlich mit Kinderrechten auseinanderzusetzen und über diese allerorten aufzuklären. Schließlich kann man nichts einklagen, was einem nicht bekannt ist. Die FDP-Landtagsfraktion dankt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den informativen Austausch und wird das wichtige Thema weiterhin konstruktiv begleiten.           

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